1990 - 1999
Anfang der 90-iger Jahre begann für das THW eine äußerst schwere Zeit in der die Organisation hart um ihr Überleben kämpfen musste! Im Nachgang der Wiedervereinigung und dem Zusammenbruch der damaligen UdSSR veränderte sich die Sicherheitslage in Europa drastisch, die Gefahr kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen West und Ost mit großflächigen Zerstörungen - und darauf war das THW der damaligen Tag mit seinen Bergungs- und Instandsetzungszügen vor allem ausgerichtet - war glücklicherweise Geschichte. Durch die Politik wurde auf Grund des immensen Finanzbedarfs für die Wiedervereinigung wie in vielen anderen Bereichen der Rotstift angesetzt und der Katastrophenschutz auf Bundesseite nahe gegen Null reduziert.
Dies bedeutete für das THW auf breiter Linie heftige Reduzierungen sowohl finanzieller als auch materieller und personeller Natur. Der Bergungszug wurde von drei auf zwei Gruppen reduziert, die Instandsetzungszüge komplett aufgelöst und die bisherigen Stabs-Einheiten wie Materialerhaltung, leichter Bergungs- und Verpflegungstrupp ersatzlos gestrichen.
Äußerst bedauerlich in diesem Zusammenhang war der Verlust von einer Vielzahl guter und engagierter Helfer im Ortsverband die nicht bereit waren als reine Buchungsposten durch die THW-Leitung beliebig entsorgt zu werden und sich mit einem neuen THW nach z. T. jahrzehntelangem Engagement im Instandsetzungszug nicht mehr identifizieren konnten. Auch die THW-Helfervereinigung Freising war zusammen mit der Ortsverbandsführung in dieser Zeit äußerst aktiv und suchte das Gespräch mit politischen Funktionsträgern auf Landes- und Bundesebene um für den Erhalt des THW zu kämpfen. Ein Highlight der damaligen Proteste des Ehrenamtes um Ihre Organisation war sicher die Sternfahrt aller (!) bayerischen THW-Ortsverbände nach Deggendorf um dort in Anwesenheit von Dr. Edmund Stoiber für den Erhalt des THW zu kämpfen.
Nicht zu letzt dank der vehementen Proteste des THW konnte die Auflösung unserer Organisation verhindert werden. Aber alleine damit war es für das THW nicht getan. Als Konsequenz auf die verminderten Finanzmittel und die neue Bedrohungslage wurde das THW in seiner Gesamtheit neu ausgerichtet und strukturiert. Für den Ortsverband Freising bedeutete dies konkret die Aufstellung eines technischen Zuges, bestehend aus 2 Bergungsgruppen, einer Fachgruppe Infrastruktur - dem Erbe der ehemaligen Instandsetzungszüge - und einer Fachgruppe Brückenbau.
Damit reduzierte sich unser Personalstamm abschließend auf 89 aktive Helfer zzgl. Jugendgruppe und Althelfer. Daneben wurde eine nicht unerhebliche Menge an Ausstattung und Fahrzeugen umgesetzt und ausgemustert.
Das neue, modulare, Konzept "THW2000", das abschließend in stark reduzierter Form bundesweit als "THW2001" umgesetzt wurde, bot mit den zeitgemäß ausgerichteten Fachgruppen einen deutlich höheren Einsatzwert in der zivilen Gefahrenabwehr und dem Katastrophenschutz als die alten Zivilschutzstrukturen. Im Beisein der THW-Geschäftsstelle wurde das neue THW-Konzept den Feuerwehren im Landkreis vorgestellt und damit auch versucht, vorherrschend Ressentiments gegenüber dem THW abzubauen.
Aller Schwierigkeiten zum Trotz stellten sich die Helfer und Führungskräfte - davon mittlerweile einige aus der ersten Jugendgruppe - diesen Herausforderungen und begriffen das Neukonzept gleichzeitig als Chance. Zug um Zug wurde versucht, die damals stark belasteten Beziehungen zur Feuerwehr zu verbessern und das THW im Landkreis Freising gegenüber den Anforderern als verlässlichen, aber eigenständigen, Partner mit neuer Leistungsfähigkeit zu positionieren.
Einen maßgeblichen Anteil daran hatte die 1983 gegründete THW-Helfervereinigung Freising e. V. die den Ortsverband bei der Finanzierung der Folgekosten überzähliger Fahrzeuge ebenso unterstützte wie bei der Beschaffung zusätzlicher Ausstattung. Im Ortsverband wurden alle Möglichkeiten genutzt um auf das THW in der Öffentlichkeit aufmerksam zu machen. So nahmen wir damals als Aussteller an der Freisinger Frühjahrsausstellung teil und stellten bei unzähligen Präsentationen im Landkreis aber auch im Großraum München unseren Ortsverband und das gesamte Hilfeleistungsspektrum innerhalb des Geschäftsführerbereiches München vor.
Hatten auch einzelne Ortsverbände in Bezug auf Abbau von Ausstattung und Helferstärke sehr stark unter dem Neukonzept zu leiden, in Bayern kam zudem noch das Problem der Einführung der sog. Alarmierungsbekanntmachung hinzu die das THW aus nahezu jeder Art von Soforteinsatz Bayernweit ausschloss, so gewann das THW insgesamt durch diese Neustruktur an Profil. Mit den neu geschaffenen Fachgruppen war das THW endlich in der Lage, lagebedingt die richtige Ausstattung mit kompetenten Fachleuten einsetzen zu können. Durch den modularen Aufbau des THW war sichergestellt, das pro Geschäftsführerbereich, der im Regelfall aus 9 - 11 Ortsverbänden besteht, einmal das gesamte Hilfeleistungsspektrum des THW vorgehalten wurde.
Sehr bald schon, zum Katastrophenhochwasser 1997 an der Oder, musste sich das THW-Baukastenprinzip im großen bewähren. Binnen kürzester Zeit wurden nahezu alle Fachgruppen "Wasserschaden/Pumpen", "Räumen" und "Wassergefahren" in das Schadensgebiet verlegt um der Bevölkerung bei der Bewältigung der Jahrhundertflut zu helfen. Mit diesem Einsatz konnte sich das THW bundesweit als schlagkräftige, gut ausgebildete und extrem leistungsfähige Katastrophenschutzorganisation darstellen und endgültig alle seit 1992 erhobenen Auflösungsforderungen vom Tisch fegen.
Auch in Bayern, schwerpunktmäßig in Südbayern, musste sich das Neukonzept 1999 bei einem verheerenden Hochwasser bewähren. Beginnend mit dem Pfingstwochenende bis Mitte der darauf folgenden Woche war das THW Freising zusammen mit nahezu allen Feuerwehren im Landkreis, der Bundeswehr und vielen anderen freiwilligen rund um die Uhr im Einsatz um gegen das Hochwasser zu kämpfen und ein Brechen der Deiche zu verhindern. Da von dem Hochwasser praktisch der gesamte Süden Bayerns betroffen war wurden durch den Landesverband schwerpunktmäßig die Fachgruppen "Wasserschaden/Pumpen", "Wassergefahren" und Technische Züge zur Personalverstärkung aus Nordbayern aber auch aus Baden-Württemberg und sogar aus Hessen angefordert und an die Einsatzstellen in Südbayern herangeführt.
Im Stadtgebiet Freising besonders betroffen war der Stadtteil Lerchenfeld und die Staatl. Molkerei Weihenstephan, im Landkreis war es insbesondere die Gemeinde Langenbach mit Nieder- und Oberhummel. Hier wurden durch den Ortsverband Zehntausende gefüllte Sandsäcke von der Daimer Schütte in Freising geliefert, der OV-eigene Gabelstapler war damals rund um die Uhr im Ladeeinsatz. Neben den allgemeinen Aufgaben in der Hochwasser-Abwehr wurde der Ortsverband zur Vermisstensuche auf der Hochwasserführenden Isar alarmiert wo er mit zwei Booten das Gewässer von Freising bis Moosburg absuchte, leider ohne Erfolg. Gerade dieser für die eingesetzten Kräfte äußerst gefährliche Einsatz führte in unmittelbaren Folge zu einer Intensivierung der Bootsausbildung im Ortsverband und in der längeren Folge zu einer entsprechenden Aufrüstung der vorhandenen Ausstattung.
Wohl nur dank des gemeinsamen Eintretens aller beteiligten und dem im Verhältnis relativ schnell sinkenden Pegel ist es zu verdanken das die Isar- und Amperdeiche im Landkreis überall hielten und es nicht großflächigen Überschwemmungen auf Grund von Deichbrüchen kam.