1960 - 1961
Nach Herrn Thanner wurde Herr Gerichtsvollzieher Rudi Wolf zum Ortsbeauftragten berufen. Wir zogen in den Furtnerkeller um und begannen mit Baumaßnahmen, von denen wir nicht ahnten, dass sie nie enden würden. Zuerst wurde das Dachgeschoß im Furtnerkeller umgebaut: Ein Umkleideraum und eine Schreibstube waren zu schaffen. Den Stadel des Furtnerkellers bauten wir als Gerätelager aus.
Die Schreibstube führte unser unvergessener Vater Keil, Kassenwart war der Fuchs und für die Alarmierung sorgte Körber. Die Einsatzleitung war in den Händen von Steininger, die Ausbildung leitete Demmel und im Lager sorgte Blatzheim für das Gerät.
Bald bekamen wir auch das erste Fahrzeug zugeteilt, einen Mannschaftskraftwagen [MKW]. Mit dem ersten Fahrzeug wurde auch die Zunft der Schirrmeister ins Leben gerufen — und Ahnherr aller nachfolgenden Schirrmeister im OV war der Bauer Anderl. Mit der Unterkunft Furtnerkeller waren wir sehr zufrieden. Wir hatten genügend Platz, einen Versammlungsraum [Saal] und eine Wirtschaft war auch im Haus. Die Helferstärke betrug seinerzeit 80 Mann.
In diesen Jahren, unter der Führung von Rudi Wolf, begannen die großen Weihnachts- und Faschingsfeiern, wurden Chorgesänge für Polterabende eingeübt, und dehnten sich die Ausschusssitzungen bis in die frühen Morgenstunden aus. Es war schon Tradition, dass wir über die Pfingstfeiertage erlebnisreiche Familienausflüge machten, an denen sich alle beteiligten. Der O V war unter Rudi Wolf wie eine große Familie. Wir betrieben aber auch eine sehr intensive Ausbildung. Zum Standardprogramm gehörte das Bergen aus Höhen, das wir eingehend in allen Variationen übten. Ferner befassten wir uns mit dem behelfsmäßigen Bau von Fernsprechleitungen.
Die Krone der Ausbildung war jedoch das Rudern auf der Moosach. Wir besaßen ein eigenes Boot, die Zille. Die Ruderstrecke ging vom Veitshof bis Vötting. Unser Geschäftsführer Sellmaier kam eigens von Landshut per Moped, um selbst in die Zille zu steigen und uns in die Geheimnisse des Ruderns einzuweihen. Wer damals rudern lernte, verlernte es nie mehr wieder.Es war für uns selbstverständlich, dass der THW-Helfer nicht nur den Erste-Hilfe-Schein braucht, sonder auch den Rettungsschwimmer-Schein. Der OV machte diesbezüglich geschlossene Lehrgänge bei der Wasserwacht. Ebenso wurde im Schwimmbad Freising eine Tauchausbildung für eine Tauchergruppe durchgeführt. Auch mit der "Hermine1' [Handfunksprechgeräte] wurde intensiv geübt.
Der größte Einsatz unter Rudi Wolf war der Windbruch bei Jetzendorf, bei dem wir an mehreren Wochenenden mit Motorsägen Gassen in das Gewirr von umgestürzten Bäumen schnitten. Das THW hatte sich in der Öffentlichkeit einen Namen gemacht. Immer mehr trat man mit der Bitte um technische Hilfeleistung an uns heran. Eine Art dieser Hilfeleistungen war das Fällen von Bäumen unter schwierigen Bedingungen. Einer der Ersten, den wir fällten, war ein Riese mit schweren, weitausladenden Ästen, die sich über mehrere Dächer erstreckten. Er stand in der Luckengasse vor dem jetzigen Sportheim. Wir schafften ihn.
Wir versetzten auf Anforderung das große Kreuz im Waldfriedhof, rodeten gewaltige Stümpfe vor denn Sportheim in der Luitpoldanlage, sicherten das Moosachufer unterhalb Hangenham mit Faschinen [wobei eine Kuh einen unserer Regenumhänge fraß] und bauten in Marzling über die Moosach einen Bausteg, der den Bau einer neuen Brücke ermöglichte.
Unterhalb des Weihenstephaner Berges an der Moosach wurde der OV in einer Großübung getestet. Ein Steg musste gebaut werden, Fernmeldeleitungen wurden verlegt, Taucher zeigten ihr Können, ein PKW war aus der Moosach, die gerade Hochwasser führte, zu bergen, eine Seilbahn wurde gebaut. Der OV demonstrierte seinen guten Ausbildungsstand. Sehr beliebt bei uns waren die Übungen auf Landesverbands-Ebene in Ingolstadt. Hier wurde man hart rangenommen beim Fährenbau auf der Donau. Die dortigen THW-Ausbilder waren noch Pioniere vom alten Schlag. Es machte Spaß. Man lernte, ein Boot, fast ohne Abtrieb, bei starker Strömung über den Fluss zu rudern.
Nebenbei: Zu unseren ganz jungen THW-Rekruten in diesen Tagen gehörte u.a. der Schwaiger Heinz, und der Kuttner Heini, später Geschäftsführer des OV Freising, bevor er sich zum Landesverband absetzte.