THW Freising
Technisches Hilfswerk, OV Freising

30.05.2015 - Ausbildung Deichverteidigung

Üblicherweise schlängelt sich die Isar idyllisch durch ihr Bett im Landkreis Freising, die Amper läuft still und ruhig durch´s Ampertal, und auch die Flutgräben wirken trocken wie einfache Vertiefungen in der Landschaft und in den Städten. Und mit Deichen verbindet der Bürger im Regelfall die Schutzbauwerke an Nord- und Ostsee auf denen friedliche Schafe weiden.

Aber dieses Idyll kann trügerisch sein. Die Isar hat erst vor kurzem wieder bewiesen, warum sich Ihr Name möglicherweise vom keltischen ys (schnell, reißend) und ura (Wasser) ableitet, sie also zu Recht "die Reißende" ist. Starke Regenfälle im Oberlauf der Isar und Amper können im Extremfall zu Hochwasserlagen im Landkreis Freising führen. Die Starkregenfälle Pfingsten 2013 hatten durch das Oberflächenwasser und in der Folge überlaufende Flutgräben vor allem in Freising erhebliche Hochwasserschäden zur Folge, die das THW Freising und andere Hilfsorganisationen über fast eine Woche lang in Atem hielten. Und Deiche gibt es eben nicht nur in Norddeutschland, sondern in erheblicher Länge auch im Landkreis Freising, hier vor allem an Isar und Amper.

In solchen Fällen kommen die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer landkreisweit zum Einsatz, in steigendem Maße müssen die Freisinger THW´ler aber auch zu überörtlichen Hochwassereinsätzen ausrücken, wie z. B. 2013 nach Deggendorf oder 2002 an die Elbe nach Magdeburg. Deshalb ist die Hochwasser- und Deichverteidigungsausbildung im OV Freising fester Bestandteil des jährlichen Dienst- und Ausbildungsplans. Um nicht zuletzt im Ernstfall schnell reagieren zu können, hat das THW Freising immer etwa 2.500 gefüllte Sandsäcke auf Paletten gelagert, mit der die Zeit bis zum Anlaufen der Sandsacklogistik überbrückt und betroffenen Bürgerinnen und Bürger schnell mit ein paar Sandsäcken zum Schutz ihres Eigentums geholfen werden kann.

Und so begann der Ausbildungssamstag für die rd. 50 teilnehmenden Einsatzkräfte am Samstagmorgen um 08:00 Uhr in der Daimer Schütte zwischen Freising und Marzling mit einer theoretischen Unterweisung zum Sandsackfüllen und zur Sandsacklogistik. Hier wurde das notwendige Wissen zur Einrichtung einer Sandsackfüllstelle ebenso vermittelt wie die notwendige Füllmenge pro Sandsack und das richtige Stapeln auf den Transportpaletten. Ziel der Sandsacklogistik ist es einerseits, über die Füllstellen das Maximum an Sandsäcken herstellen zu können und andererseits die gefüllten Sandsäcke mit Einsatzfahrzeugen des THW schnell an die Einsatzstellen zu bringen. Optimierte Abläufe bei der Sandsackfüllung lassen die Füllrate schnell um einige hundert Sandsäcke pro Stunde steigen – oder eben auch sinken, wenn die Abläufe nicht optimiert sind.

Mit der landkreiseigenen Sandsackfüllanlage wurden durch die Helferinnen und Helfer dann in einer ersten praktischen Ausbildungseinheit an dem Tag rund 2.500 Sandsäcke mit etwa 45 Tonnen Sand gefüllt und auf 32 Paletten gestapelt. Dabei wurde vor allem auf die richtige Füllmenge in den Sandsäcken und die begleitende Transportlogistik an der Füllstelle geachtet. Die gefüllten Sandsäcke dienten im weiteren Verlauf des Tages als Ausbildungsmaterial und ergänzen ab sofort auch wieder den Vorrat des Ortsverbands an gefüllten Sandsäcken.

Am Nachmittag des gleichen Tages rückten die Helferinnen und Helfer dann auf das Übungsgelände des THW Freising aus, das direkt am Isardeich in Freising liegt. Mit den am Vormittag gefüllten Sandsäcken wurden dort die richtigen Techniken zur Deichverstärkung und zum Deichverbau geübt. Der die Ausbildung leitende Technische Berater Deichverteidigung, Jürgen Fischer aus der Fachgruppe Brückenbau des Freisinger THW, legte sein Augenmerk dabei ganz besonders auf den korrekten Aufbau der Sandsäcke sowie die Erstellung einer so genannten Deichfuß-Auflast zur Stabilisierung des Deiches. Im zweiten Teil der Ausbildung wurden die Helfer im korrekten Aufbau sog. Quellkaden geschult. Mit diesen Sandsackbauwerken wird der Austritt von Wasser auf der Landseite am Deich gestoppt, der sonst zu erheblichen Gefährdungen des Deichs führen würde.

Alles in Allem bewegten und schleppten die Freisinger THW-Helfer bei der Deichverteidigungsausbildung in knapp 11 Stunden gut und gerne 120 to. Sand in Säcken mit der Hand. Dabei bekamen die Einsatzkräfte auch ein Gefühl für die ungeheuren Massen von Sandsäcken, die im Ernstfall gefüllt und an den Einsatzstellen zur Verfügung stehen müssen. Doch trotzdem kann bis heute keines der alternativen Systeme auf dem Markt dem klassischen Sandsack Paroli bieten. Diese haben meist nur viel Gewicht aber wenig Volumen zu bieten und müssen dazu meist auch noch maschinell verlegt werden, was bei einem hochwasserbeaufschlagten Deich aber üblicherweise nicht mehr möglich ist.

Deich-Fachberater Jürgen Fischer war mit der Leistung, vor allem aber auch mit der Motivation, mit der die ehrenamtlichen Einsatzkräfte bei der Ausbildung dabei waren, hoch zufrieden. Auch wenn der ein oder andere Radlfahrer auf dem Isardeich sich sicher gefragt hat, was die blau gekleideten Menschen denn da mit Sandsäcken machen, wo die Isar doch so idyllisch in ihrem Bett dahinfließt: Unsere Einsatzkräfte kennen eben auch das andere Gesicht der Reissenden. Und sie sind bereit und ausgebildet, es im Ernstfall wieder mit ihr oder ihren dann wilden Geschwistern im Landkreis aufzunehmen!

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